17) Gegen Windbeutel.
Was man aber im gemeinen Leben einen Windbeutel oder Aufschneider und Prahler nennt, das ist eine andre Gattung von Menschen. Diese haben nicht die Absicht, jemand eigentlich zu hintergehn; um sich in besserm Glanze zu zeigen, um sich bemerkbar zu machen, um andern eine so hohe Meinung von sich beizubringen, als sie selbst haben, um Aufmerksamkeit durch Erzählung wunderbarer Vorfälle zu erregen oder um für angenehme, unterhaltende Gesellschafter zu gelten, erdichten sie, was nie existiert hat, oder vergrößern, was wenigstens nie also gewesen ist; und haben sie einmal die Fertigkeit erlangt, auf Unkosten der Wahrheit, eine Begebenheit, ein Bild, einen Satz zu verzieren, so fangen sie zuweilen an, ihren eigenen Windbeuteleien zu glauben, alle Gegenstände durch ein Vergrößerungsglas anzusehn und so in Riesengestalten wieder zu Papier zu bringen. Die Erzählungen und Beschreibungen eines solchen Aufschneiders sind zuweilen ganz lustig anzuhören, und wenn man erst mit seiner Bildersprache bekannt ist, so weiß man schon, was man vom Ganzen abzurechnen hat, um den Überrest für bares Geld anzunehmen. Geht es aber mit seinen Verbrämungen zu weit, so kann es nicht schaden, wenn man ihn entweder durch eine Menge von Fragen über die genauesten Umstände so in sein eigenes Gewebe verwickelt, daß er, indem er weder rückwärts noch vorwärts kann, beschämt wird, oder wenn man ihm für jede Unwahrheit auf komische Art eine noch derbere wieder aufheftet und ihm dadurch merklich macht, daß man nicht dumm genug gewesen sei, ihm zu glauben, oder aber wenn man, sobald er anfängt zu blasen, die Segel der Unterhaltung auf einmal einzieht und seinem Winde ausweicht, da er dann, wenn dies öfter und von mehrern verständigen Männern geschieht, behutsamer zu werden pflegt. |
Erstes Buch Über den Umgang mit Leuten von verschiedenen Gemütsarten, Temperamenten und Stimmungen des Geistes und Herzens 17) Gegen Windbeutel. 1) Über die vier Haupt-Temperamente und deren Mischungen. 2) Über herrschsüchtige Leute. 3) Über Ehrgeizige. 4) Eitle. 5) Hochmutige, im Gegensatze von Stolzen. 6) Über sehr empfindliche Leute. 7) Über den Umgang mit Eigensinnigen. 8) Mit Zanksüchtigen, Widersprechern und solchen, die Paradoxa lieben. 9) Mit Jähzornigen. 10) Mit Rachgierigen. 11) Mit unentschlossenen, faulen und phlegmatischen Leuten. 12) Mit menschenfremden, mißtrauischen, argwöhnischen, mürrischen und verschlossenen Leuten. 13) Mit neidischen, hämischen, verleumderischen, schadenfrohen, mißgünstigen und eifersüchtigen Menschen. 14) Über den Geiz und die Verschwendung. 15) Über das Betragen gegen Undankbare. 16) Gegen ränkevolle Leute und Lügner. 18) Gegen Unverschämte, Müßiggänger, Schmarotzer, Schmeichler und zudringliche Leute. 19) Gegen Schurken. 20) Gegen zu bescheidene, zu furchtsame Menschen, 21) Gegen Unvorsichtige und Plauderhafte, Vorwitzige und Neugierige, Zerstreute und Vergessene. 22) Gegen Wunderliche, Sonderlinge und Launenhafte. 23) Über den Umgang mit dummen, schwachen, übertrieben gutherzigen, leichtgläubigen und solchen Menschen, die gewisse Liebhabereien und Steckenpferde haben. 24) Mit munteren und satirischen Leuten. 25) Mit Trunkenbolden, groben Wollüstlingen und andern lasterhaften Leuten. 26) Mit Enthusiasten, Überspannten, Romanhaften, Kraftgenies und exzentrischen Leuten. 27) Etwas von Andächtlern, Heuchlern und abergläubischen Leuten. 28) Von Deisten, Freigeistern und Religionsspöttern. 29) Über die Art, wie man Schwermütige, Tolle und Rasende behandeln müsse. Geschichte zweier Wahnsinniger. |