21) Rede nicht zu viel und nicht langweilig!

Habe acht auf Dich, daß Du in Deinen Unterredungen, durch einen wäßrigen, weitschweifigen Vortrag nicht ermüdest! Ein gewisser Lakonismus - insofern er nicht in den Ton, nur in Sentenzen und Aphorismen zu sprechen oder jedes Wort abzuwägen, ausartet - ein gewisser Lakonismus, sage ich, das heißt: die Gabe, mit wenig kernigen Worten viel zu sagen, durch Weglassung kleiner unwichtiger Details die Aufmerksamkeit wach zu erhalten, und dann wieder, zu einer andern Zeit, die Geschicklichkeit, einen nichtsbedeutenden Umstand durch die Lebhaftigkeit der Darstellung interessant zu machen - das ist die wahre Kunst der gesellschaftlichen Beredsamkeit. Ich werde davon unten noch mehr sagen; überhaupt aber rede nicht zu viel! Sei haushälterisch mit Spendung von Worten und Kenntnissen, damit es Dir nicht früh an Stoffe fehle, damit Du nicht redest, was Du verschweigen sollst, verschweigen willst, und damit man Deiner nicht satt werde! Laß auch andre zu Worte kommen, ihr Teil mit hergeben zur allgemeinen Unterhaltung! Es gibt Leute, die, ohne es selbst zu merken, allerorten die Sprachführer sind; und wären sie in einem Zirkel von fünfzig Personen, so würden sie sich dennoch bald zum Meister von der ganzen Konversation machen.

So unangenehm dies für die Gesellschaft ist, ebenso widrige, Freude störende Eindrücke macht die Weise mancher Leute, die stumm und gespannt horchen und lauern, und die man leicht für gefährliche Beobachter halten kann, denen es nur darum zu tun scheint, jedes unvorsichtige, nicht gehörig gewählte Wort, das man in sorgloser Redseligkeit fallen läßt, zu irgendeinem hämischen Zwecke aufzusammeln.

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Über den Umgang mit Menschen


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Erstes Buch
Allgemeine Bemerkungen und Vorschriften über den Umgang mit Menschen
21) Rede nicht zu viel und nicht langweilig!


1) Jeder Mensch muß sich in der Welt selbst gelten machen. Anwendung dieses Satzes.
2) Strebe nach Vollkommenheit; aber nicht nach dem Scheine der Vollkommenheit!
3) Sei nicht zu sehr ein Sklave der Meinung andrer!
4) Enthülle nicht die Schwächen Deiner Nebenmenschen!
5) Eigne Dir nicht das Verdienst andrer zu!
6) Verbirg Deinen Kummer!
7) Rühme nicht zu laut Dein Glück!
8) Verliere nicht die Zuversicht!
9) Suche Gegenwart des Geistes zu haben!
10) Nimm, so wenig als möglich, von andern Wohltaten an!
11) Halte streng Wort und sei wahrhaft!
12) Sei pünktlich, ordentlich, fleißig!
13) Interessiere Dich für andre, wenn Du willst, daß andre sich für Dich interessieren sollen!
14) Sei nicht zu offen herzig!
15) Alle Menschen wollen amüsiert sein. Über das Spaßmachen.
16) Sage jedem etwas Lehrreiches oder Angenehmes! Über Schmeichelei.
17) Über Spott und Medisance.
18) Über Anekdoten.
19) Trage keine Nachrichten aus einem Hause in das andre!
20) Sei vorsichtig in Tadel und Widerspruch!
22) Noch von Dingen, die nur Dich interessieren!
23) Über Egoismus.
24) Widersprich Dir nicht im Reden!
25) Wiederhole Dich nicht!
26) Vermeide Zweideutigkeiten;
27) Gemeinsprüche;
28) Unnütze Fragen!
29) Lerne Widerspruch ertragen!
30) Wo man sich zur Freude versammelt, da rede nicht von Geschäften!
31) Über Religionsgespräche.
32) Sei vorsichtig in Gesprächen über andrer Gebrechen!
33) Regeln beim Briefwechsel.
34) Suche niemand lächerlich zu machen!
35) Schrecke, zerre, beunruhige und necke niemand!
36) Bringe bei niemand unangenehme Dinge in Erinnerung!
37) Nimm nicht teil an fremdem Spotte!
38) Über Disputiergeist.
39) Laß jeden seine Handlungen selbst verantworten, wenn Du nicht sein Vormund bist!
40) Betragen, wenn uns Langeweile gemacht wird.
41) Über Verschwiegenheit;
42) Leichtigkeit im Umgange;
43) Wohlredenheit und äußerlicher Anstand;
44) Kleidung.
45) Über kleine gesellschaftliche Unschicklichkeiten.
46) Soll man viel oder wenig in Gesellschaften gehn?
47) Man hüte sich vor zu großen Forderungen!
48) Unterschied im äußern Betragen.
49) Sei, was Du bist, immer und ganz!
50) Gib andern Gelegenheit zu glänzen!
51) Man kann in jeder Gesellschaft etwas lernen.
52) Mit wem soll man umgehn?
53) Über den Umgang in großen Städten, in kleinern, und auf dem Lande.
54) In fremden Gegenden.
55) Verflechte niemand in Deine Privat-Zwistigkeiten!
56) Wenn Du etwas in der Welt erlangen willst, so mußt Du darum bitten.
57) Grenzen der Dienstfertigkeit.
58) Wie man die Menschen beurteilen solle.
59) Vorsichtigkeits-Regeln.
60) Ob diese Regeln für alle Menschen passen?
61) Vor allen Dingen handle immer konsequent!
62) Habe immer ein gutes Gewissen!
63) Inwiefern auch Frauenzimmer von diesen Regeln Gebrauch machen können.

Der Gentleman.
Der Gentleman
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