10) Man soll den jungen Künstler nicht durch Schmeichelei verderben. Regeln für diesen.
Ermuntre durch bescheidnes Lob, aber schmeichle nicht, erhebe nicht zur Ungebühr den jungen angehenden Schriftsteller und Künstler, dadurch verdirbt man die mehrsten von ihnen in Deutschland. Das übertriebne Beklatschen und Lobpreisen macht sie schwindlig, aufgeblasen, hochmütig. Sie beeifern sich dann nicht weiter, der größern Vollkommenheit nachzustreben, und hören auf, ein Publikum zu respektieren, das so leicht zu befriedigen scheint. Leider aber treibt uns der Zustand unsrer heutigen Literatur gar zu leicht, alles zu loben, was nicht offenbar Unsinn ist, weil man fast gewöhnt ist, lauter abgeschmacktes Zeug gedruckt zu lesen, besonders in dem Fache der schönen Wissenschaften.
Laß Dich dadurch nicht verderben, junger Mann von Talenten! Bewahre auch Dein Herz vor Neid. Laß fremdem Verdienste Gerechtigkeit widerfahren. Suche immer die Gesellschaft solcher Männer, durch deren Umgang Du zum Vorteile Deiner Kunst weiser und besser werden kannst, nicht aber den Schwarm niedriger Schmeichler oder Enthusiasten.
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