15) Wie man sich hüten könne nicht verliebt zu werden?

Eine philosophische Abhandlung des Herrn Professor Meiners über die Frage: »Ob es in unsrer Macht stehe, verliebt zu werden oder nicht?« läßt mich daran verzweifeln, irgend etwas Neues über die Mittel sagen zu können, welche man anzuwenden hat, um im Umgange mit liebenswürdigen Frauenzimmern die Freiheit seines Herzens nicht einzubüßen. Die Liebe ist zwar ein süßes Ungemach, das über uns kommt, grade wenn wir uns dessen am wenigsten versehen, gegen welches wir also gewöhnlich erst dann anfangen Maßregeln zu nehmen, wenn es schon zu spät ist; da sie aber oft sehr bittre Leiden und Zerstörung aller Ruhe und alles Friedens mit in ihrem Gefolge führt; da hoffnungslose Liebe wohl eine der schrecklichsten Plagen ist, und äußre Verhältnisse zuweilen auch den edelsten, zärtlichsten Neigungen unübersteigliche Hindernisse in den Weg legen, so ist es doch der Mühe wert, besonders für den, welchen Mutter Natur mit einem lebhaften Temperamente und mit warmer Phantasie ausgestattet hat, sich an eine gewisse Herrschaft des Verstandes über Gefühle und Sinnlichkeit zu gewöhnen, und wo er sich dazu zu schwach fühlt - der Gelegenheit auszuweichen. Groß ist die Verlegenheit für ein fühlendes Herz, geliebt zu werden und Liebe nicht erwidern zu können; schrecklich ist die Qual zu lieben und verschmäht zu werden; verzweiflungsvoll die Lage dessen, der für grenzenlose, treue Zärtlichkeit und Hingebung mit Betrug und Untreue belohnt wird. - Wer gegen dies alles sichre Mittel weiß, der hat den Stein der Weisen gefunden. Ich gestehe meine Schwäche - ich kenne keines als die Flucht, ehe es dahin kommt.

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Über den Umgang mit Menschen


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Zweites Buch
Fünftes Kapitel: Über den Umgang mit Frauenzimmern.
15) Wie man sich hüten könne nicht verliebt zu werden?

1) Erklärung des Verfassers über das, was er etwa zum Nachteile des weiblichen Geschlechts in diesem Kapitel sagen müßte.
2) Umgang mit Frauenzimmern dient zur Bildung des Jünglings und gewährt reine Freuden.
3) Warum äußere und innere Vorzüge nicht immer das einzige sichre Mittel sind, uns in dem Umgange mit Frauenzimmern angenehm zu machen.
4) Die Frauenzimmer lieben an den Männern keine Infirmitäten; warum?
5) Warum man es den Damen nicht zum Vorwurfe machen solle, wenn sie sich für ausschweifende Männer interessieren?
6) Was für ein Anzug den Weibern an uns gefällt.
7) Man soll nicht mehrern Frauenzimmern zugleich einerlei Huldigung bezeigen;
8) Nicht in ihrer Gegenwart andre Damen von eben solchen Ansprüchen zu sehr loben.
9) Bestrebe Dich, ein angenehmer Gesellschafter zu sein, wenn Du den Damen gefallen willst! Schmeichelei gefällt ihnen vorzüglich wohl.
10) Über die Neugier der Weiber.
11) Wie man sich nach ihren Launen richten müsse? Man soll sich ihnen nicht aufdrängen.
12) Sie finden Vergnügen an kleinen Neckereien.
13) Man lasse ihnen den Triumph und beschäme sie nicht!
16) Niederträchtigkeit derer,die junge Mädchen betrügen, täuschen, verführen, zu Grunde richten.
17) Über den Umgang mit Koketten und Buhlerinnen.
18) Etwas von gelehrten Weibern.
19) Über die Verstellung der Weiber.
20) Über alte Koketten, Prüde, Spröde, Betschwestern, Gevatterinnen.
21) Noch etwas im allgemeinen, von den Freuden im Umgange mit edlen und verständigen Weibern.

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