6) Sei verschwiegen in der Liebe! Es gibt ein Glück, das man sich selbst kaum gesteht, und Gefälligkeiten, die ihren Wert verlieren, wenn sie erläutert werden.

Treue, echte Liebe freuet sich in der Stille des seligen Genusses, prahlt nicht nur nie mit Gunstbezeugungen, sondern gesteht sich's sogar selbst kaum, wie froh sie ist. Die glücklichsten Augenblicke in der Liebe sind da, wo man sich noch nicht gegeneinander mit Worten entdeckt hat, und doch jede Miene, jeden Blick versteht. Die wonnevollsten Freuden sind die, welche man mitteilt und empfängt, ohne dem Verstande davon Rechenschaft zu geben. Die Feinheit des Gefühls leidet oft nicht, daß man sich über Dinge erkläre, die ganz ihren hohen Wert verlieren, die anständigerweise, ohne Beleidigung der Delikatesse, gar nicht mehr gegeben und angenommen werden können, sobald man etwas darüber gesagt hat. Man verwilligt stillschweigend, was man nicht verwilligen darf, wenn es erbeten oder wenn es merkbar wird, daß es mit Absicht gegeben werden soll.

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Über den Umgang mit Menschen




Zweites Buch
Viertes Kapitel: Über den Umgang mit und unter Verliebten.
6) Sei verschwiegen in der Liebe! Es gibt ein Glück, das man sich selbst kaum gesteht, und Gefälligkeiten, die ihren Wert verlieren, wenn sie erläutert werden.


1) Kurze Vorschrift, wie man mit Verliebten umgehn solle.
2) Warum man den Verliebten keine Vorschriften für ihren Umgang untereinander geben könne?
3) Glückseligkeit der ersten Liebe, im Gegensatz mit den Empfindungen eines Herzens, das schon oft Tausch und Handel getrieben.
4) Eifersucht und Zwist unter Verliebten knüpfen das Band fester, doch nicht die Eifersucht einer Kokette.
5) Ob Weiber oder Männer inniger und beständiger lieben?
7) Warnung vor übereilten Eheversprechungen.
8) Nach dem Bruche mit der Geliebten soll man edel handeln.