3) Über das Betragen des Lesers gegen den Schriftsteller und über Kritik.

Reden wir jetzt aber auch von dem Betragen, von den Pflichten des Lesers gegen den Schriftsteller. Zuerst soll, denke ich, jener nie vergessen, daß dieser sich nicht nach dem Geschmacke jedes einzelnen richten kann. Was für Dich in Deiner Lage, in Deiner Stimmung höchst interessant ist, das scheint einem andern vielleicht äußerst langweilig und unbedeutend, und wahrlich, der Mann müßte ein Hexenmeister sein, der ein Buch verfassen könnte, in welchem jeder für seine paar Groschen fände, was er suchte. Es gibt Bücher, die man durchaus nur dann lesen muß, wenn man ebenso gestimmt ist, als der Mann war, der sie schrieb, sowie es auch andre gibt, deren Sinn und Schönheit man immer, in jeder Laune fassen und sich eigen machen kann. Nicht immer sind darum jene geistvoll, groß und erhaben von Inhalte, noch im Gegenteil schwärmerisch und fieberhaft. Nicht immer enthalten darum diese lauter bestimmte, ewige Wahrheiten, auf kalte, unwiderlegbare, allein des vollkommnen Mannes würdige, unerschütterliche Philosophie gegründet, oder, im Gegenteile, nicht immer gemeine, ohne Mühe leicht zu verdauende Seelenspeise. Sei also nicht zu strenge, mein gelehrtes Leserlein, in Beurteilung eines sonst nicht schlecht geschriebnen Buchs, oder behalte wenigstens Deine Meinung darüber in Deinem Kopfe, in welchem oft viel leerer Raum ist, und verschreie das Buch nicht! Am wenigsten aber laß Dich verleiten, den moralischen Charakter des Schriftstellers auf bloße Mutmaßung bei dieser Gelegenheit anzugreifen, ihm schädliche Absichten beizumessen, seinen Worten einen erzwungnen Sinn zu geben und seine Winke hämisch auszudeuten. Beurteile nicht ein Buch, wenn Du nur einzelne Stellen daraus gelesen hast, und bete nicht das Lob und den Tadel unwissender, boshafter oder feiler Rezensenten nach.

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Über den Umgang mit Menschen


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Auch gut: Der neue Knigge

Drittes Buch
Über das Verhältnis zwischen Schriftsteller und Leser.
3) Über das Betragen des Lesers gegen den Schriftsteller und über Kritik.


1) Über den Schriftstellerberuf. Es kann auch einem verständigen Manne begegnen, etwas Mittelmäßiges drucken zu lassen, nie aber etwas, das der Moralität schadet, Unsinn verbreitet und einen andern vorsätzlich kränkt.
2) Was noch mehr dazu gehöre, in der Welt als Schriftsteller sein Glück zu machen.
4) Über Lektüre.
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