1) Kurze Vorschrift, wie man mit Verliebten umgehn solle.

Ich mache, da ich nun auf den Umgang mit Leuten von andern Ständen und Verhältnissen komme, billigerweise in einem eigenen Kapitel mit der Geistlichkeit den Anfang. Lehrreich und wohltätig ist der Umgang mit einem solchen, der sich aus ganzer Seele seinem heiligen Berufe widmet, seinen Verstand und Willen durch den sanften Einfluß der liebevollsten Religion Jesu geläutert hat; der Wahrheit und Tugend mit Eifer und Wärme nachstrebt und die Kraft des Worts durch eigenes Beispiel bestätigt; der seiner Gemeine Bruder, Freund, Wohltäter und Ratgeber, in seinem Vortrage populär, warm und herzlich ist; durch Bescheidenheit, Einfalt der Sitten, Mäßigkeit und Uneigennützigkeit sich als einen würdigen Nachfolger der Apostel auszeichnet; duldend gegen fremde Religionsverwandte, väterlich nachsichtig gegen Verirrte, kein Feind unschuldiger Fröhlichkeit und dabei in seinem häuslichen Zirkel ein guter, zärtlicher und weiser Hausvater ist. Allein nicht alle Diener der Kirche sehen diesem Bilde ähnlich. Menschen ohne Erziehung und Sitten, aus dem, niedrigsten Pöbel entsprossen, ohne gesunde Vernunft und ohne andre Kenntnisse, als die dazu gehören, sich nach einem elenden Schlendrian examinieren zu lassen, drängen sich in diesen Stand ein, haschen nach reichen Pfründen und Pfarreien und erlauben sich, um dahin zu gelangen, alle Arten von Schleichwegen und Niederträchtigkeiten. Haben sie nun ihren Zweck erreicht, dann fährt der echte Pfaffengeist in sie. Geizig, habsüchtig, wollüstig, gefräßig, Schmeichler der Großen und Reichen, übermütig und stolz gegen Niedre, voll Neid und Scheelsucht gegen ihresgleichen, sind sie größtenteils daran schuld, wenn Verachtung der heiligsten Religion so allgemein einreißt. Diese Religion behandeln sie als eine trockne Wissenschaft und ihr Amt als ein einträgliches Handwerk. Auf dem Lande verbauern sie, ergeben sich dem Müßiggange und der Bequemlichkeit und klagen über ungeheure Arbeit, wenn sie alle acht Tage einmal von der Kanzel herunter die Zuhörer mit ihren dogmatischen, armseligen Spitzfindigkeiten einschläfern müssen. Sie angeln nach Geschenken, Erbschaften und Vermächtnissen wie der Teufel nach ihrer Seele. Ihr Ehrgeiz ist unermeßlich; ihr geistlicher Stolz, ihr Despotismus, ihre hierarchische Herrschsucht ohne Grenzen. Den Eifer für die Religion brauchen sie zum Deckmantel ihrer Leidenschaften. Orthodoxie ist die Parole, blinder Glauben und Ehre Gottes das Feldgeschrei, wenn sie den unschuldigen, ruhigen Bürger, der einen Unterschied unter Religion und Theologie macht, die Pfaffen nicht schmeichelt und ihnen nicht opfert, bis in den Tod verfolgen wollen. Ihre Rache ist fürchterlich, unersättlich, ihre Feindschaft unversöhnlich - ich rede aus Erfahrung - gegen den, der sich ihrem eisernen Szepter nicht unterwerfen oder zu ihren Bosheiten nicht schweigen will. Ihre Eitelkeit ist größer als die eines Weibes. Sie schleichen sich in die Häuser und Familien ein, aus Vorwitz, kindischer Neugier, um sich in Händel zu mischen, die sie nichts angehn, um Ränke zu schmieden, Zwietracht zu stiften und im Trüben zu fischen. Ihre Predigten, ihre Gespräche und Mienen sind Bannstrahlen, Verdammungsurteile und Drohungen gegen andre Religionsverwandte und gegen jeden, der das Unglück hat, nicht glauben zu können, was sie - oft selbst nicht glauben, sondern nur lehren, weil es Geld einbringt. Sie lauschen auf die Fehler ihrer Nebenmenschen, schreien dieselben vergrößert aus, oder wo sie das alles nicht öffentlich tun dürfen, da wirken sie durch andre im Verborgenen oder hängen die Maske der Demut, der Heuchelei, des Eifers für Gottseligkeit und gute Sitten vor, um mit sanfter Stimme, mit Klagen und Winseln die Schwachen auf ihre Seite zu bringen und den Weisern und Bessern bei dem Volke verdächtig zu machen. - Ja solche Ungeheuer gibt es unter den Dienern der Kirchen, und nicht etwa nur in Mönchskutten und Jesuitenmänteln - nein, mancher protestantische Pfaffe würde ein zweiter Hildebrand sein, wenn ihm nicht die Flügel beschnitten wären.

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Über den Umgang mit Menschen

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Auch gut: Der neue Knigge

Drittes Buch
Über den Umgang mit Geistlichen.


1) Bild eines redlichen Priesters, im Gegensatz mit einem echten Pfaffen.
2) Vorsichtigkeitsregeln im Umgange mit allen Geistlichen, ohne Unterschied.
3) Betragen in Prälaturen, Klöstern, Stiften und gegen Domherrn.

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